Wer träumt nicht manchmal davon, am Montag nicht zur Arbeit gehen zu müssen? Mit dem neuen Konzept einer 4 Tage Woche ist das vielleicht gar nicht mehr so utopisch. Doch wie wahrscheinlich und umsetzbar ist eine 4 Tage Woche überhaupt?
Vor kurzem hat die finnische Minister Präsidentin Sanna Marin – jüngste Regierungschefin der Welt – mit Ihrem Vorschlag für eine Änderung der Arbeitszeiten für Aufsehen gesorgt. Sie hat vorgeschlagen, die Arbeitswoche auf nur 4 Tage zu reduzieren und einen Arbeitstag zudem auf nur 6 Stunden zu verkürzen. Ihrer Meinung nach ist das: «Der nächste Schritt in unserem Arbeitsleben.» Die Digitalisierung und der technische Fortschritt sollen diese Reduktion der Arbeitszeit ermöglichen. So findet Sie: „Eine 4-Tage-Woche und ein 6-Stunden-Arbeitstag. Warum sollte das nicht unser nächster Schritt sein? Sind acht Stunden wirklich die letzte Wahrheit? Ich glaube die Menschen verdienen es, mehr Zeit mit ihrer Familie, mit ihren Lieben, mit ihren Hobbys und anderen Aspekten ihres Lebens zu verbringen – wie Kultur. Das könnte der nächste Schritt in unserem Arbeitsleben sein”. Allerdings sind Ihre Aussagen nicht ein politisches Versprechen, sondern lediglich eine Idee, zumindest vorerst.
Sanna Marin ist aber nicht die Erste, die auf die Idee gekommen ist, die Arbeitszeiten zu verkürzen. Die Idee gibt es schon lange, und auch schon einige Unternehmen haben sie getestet. Im August vergangenen Jahres testet Microsoft die 4 Tage Woche in Japan an insgesamt 2300 Mitarbeitern. Anstatt 5 Tage die Woche mussten die Mitarbeiter neu nur noch 4 Tage die Woche arbeiten und hatten 3 Tage Wochenende. Der Lohn blieb unverändert.
Das Ergebnis war höchst interessant: Pro Mitarbeiter stieg die Produktivität um bis zu 40 Prozent. Dabei wurden Daten aus 2018 zum Vergleich genommen.
Wie geht das?
Erklären lässt sich dieses positive Ergebnis durch mehrere Faktoren. Einerseits verbrachten die Mitarbeiter weniger Zeit in den Büros, worauf Energiekosten um circa ein Viertel gesunken sind. Andererseits waren die Mitarbeiter motivierter und ausgeglichener durch die gewonnene Freizeit und die Möglichkeit sich vermehrt um ihr Privatleben kümmern zu können.
Aber Microsoft ist nicht alleine. Auch in Schweden wurden kürzere Arbeitszeiten getestet. So hat 2017 ein Altersheim in Schweden den 6 Stunden Tag anstatt den gewöhnlichen 8,5 Stunden getestet. Auch hier zeigten sich positive Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Diese waren weniger oft krank und zudem motivierter und glücklicher. Auch die Bewohner des Altersheims profitierten von einer verbesserten Versorgung durch die motivierteren Mitarbeiter. Win-Win-Situation könnte man also meinen. Doch leider hatte das Ganze auch seine Schattenseiten. Durch die geringeren Arbeitszeiten der Angestellten mussten zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, worauf die Kosten massiv stiegen. Umgerechnet musste das Altersheim 1,1 Millionen Franken mehr ausgeben für die Rekrutierung, Einarbeitung und Anstellung neuer Mitarbeiter. Aufgrund dieses extremen Ausgabezuwachses wurde das Experiment schliesslich abgebrochen.
Trotzdem haben aber 4-Tage Wochen oder verkürzte Arbeitstage ihre Berechtigung. Neben Microsoft gab es auch andere Unternehmen die ähnliche Experimente wagten, und auf ähnlich positive Ergebnisse stiessen.
Es lassen sich folgende Vorteile einer 4-Tage Woche oder von verkürzten Arbeitstagen festhalten:
- Kürzere Arbeitszeiten, gleicher Lohn
Bei entsprechender Umsetzung bietet Ihnen die 4-Tage-Woche den entscheidenden Vorteil, dass Sie kürzere Arbeitszeiten haben – im Optimalfall ohne Lohneinbussen – und Ihnen so mehr Freizeit zur Verfügung steht. Tatsächlich gibt es schon einige erfolgreiche Unternehmen, die es mit diesem aussergewöhnlichen Modell versucht haben. Das wohl bekannteste Beispiel stellt das neuseeländische Unternehmen Perpetual Guardian dar. Auch der Internetgigant Google sowie Amazon bieten ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, bei vollem Lohn nur vier Tage in der Woche zu arbeiten.
- Mehr Zufriedenheit, Motivation und Effizienz
Unternehmen, die eine 4-Tage-Woche einführen wollen oder bereits eingeführt habe, haben etwas Wesentliches verstanden: geleistete Arbeitszeit ist nicht gleich effektiv geleistete Arbeit. Denn: Es ist nicht hauptsächlich die Arbeits- bzw. Präsenzzeit, die zählen sollte. Ein Büromitarbeiter kann auch acht Stunden am Tag am Arbeitsplatz anwesend sein, ohne zum Unternehmenserfolg beizutragen. Schliesslich bietet das Internet mit Social Media und Co. genügend Ablenkung. Gleichzeitig kann derjenige Mitarbeitende, der immer zu spät kommt und stets als Erster geht, während der kürzeren Arbeitszeit Herausragendes leisten. Hauptsache ist also, dass die Mitarbeitenden ihre wöchentlichen Arbeitsziele erreichen, dass sie produktiv sind – und die Produktivität kann bei einer verkürzten Arbeitswoche durchaus höher ausfallen als bei einer üblichen 5-Tage-Woche, weil dann das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit besser und somit die allgemeine Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden höher sind.
- Weniger krankheitsbedingte Ausfälle
Zu viel Arbeit und Stress wirkt sich sowohl auf die physische, als auch die seelische Gesundheit negativ aus. Bei einer 4-Tage-Woche verringert sich nicht nur die Arbeitszeit, sondern bestenfalls auch die Stressbelastung. Dies führt dazu, dass sich Mitarbeitende gesünder fühlen, weniger krank werden und so seltener ausfallen.
Doch wie erwähnt gibt es auch Nachteile:
- Weniger Zeit für gleich viel Arbeit
Ein zusätzlicher freier Tag in der Woche: Was spricht dagegen? Kaum ein Arbeitnehmender würde sich wohl gegen kürzere Arbeitszeiten aussprechen. Doch nur, weil Sie offiziell einen Tag in der Woche mehr frei haben, heisst das noch lange nicht, dass sich ihr Arbeitsaufwand auch tatsächlich reduziert. Vielmehr werden dafür die übrigen vier Arbeitstage vollgepackter und stressiger, weil Ihnen für die gleiche Arbeitsmenge lediglich ein Arbeitspensum von 80% zur Verfügung steht. Die Mehrarbeit entfällt also meist nur theoretisch. Oder es wird vertraglich geregelt, dass die Arbeitstage künftig 10 Stunden lang sind. Die Arbeit bzw. Arbeitszeit wird also nicht weniger, sondern verteilt sich lediglich anders. Was uns zum nächsten Kritikpunkt führt.
- Längere Arbeitszeiten
Eine 4-Tage-Woche, bestehend aus 32 Stunden, ist für viele Unternehmen reines Wunschdenken, weshalb bei einer Verkürzung der Arbeitswoche die einzelnen Arbeitstage länger werden müssten. Dies hätte unter anderem zur Folge, dass die Tage je nach Arbeitsweg bis zu 12 Stunden lang würden, was vor allem für Familien kaum umsetzbar ist und sich ausserdem auch negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Ab acht Stunden steigt zudem die Fehlerquote.
- Verstärkter Mangel an Fachkräften
Es ist fraglich, ob die 4-Tage-Woche aufgrund des in einigen Branchen ohnehin schon ausgeprägten Fachkräftemangels überhaupt möglich ist. Kürzere Arbeitszeiten könnten nämlich zum Problem werden, wenn die Zuwanderung und die Digitalisierung den Fachkräftemangel nicht auffangen können. Damit gewährleistet werden kann, dass die Arbeit stets ausgeführt wird, müssten Unternehmen mehr Mitarbeitende rekrutieren. Diese müssten immer auch eingearbeitet werden. Die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Sie sehen: Es gibt einige Vor- und Nachteile einer verkürzten Woche, und es hängt an Ihnen zu entscheiden, wie Sie diese gewichten. Als kurzes Fazit kann gesagt werden: Auch wenn schon einige Experimente aufzeigen konnten, dass die Produktivität eines Unternehmens bei der Einführung der 4-Tage-Woche ansteigt oder zumindest gleich bleibt, ist es schwierig, die langfristigen Konsequenzen einzuschätzen. In der Schweiz erfreut sich die 4-Tage-Woche zumindest noch keiner grossen Beliebtheit. Doch dies könnte sich schon bald ändern, sehnen sich die jüngeren Generationen doch immer mehr nach einer guten Work-Life-Balance. Und auch wenn der Vorschlag von Sanna Marin bis jetzt noch undenkbar scheint, wer weiss was in Zukunft durch den technischen Fortschritt noch so alles möglich sein wird. Wir bleiben gespannt!
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