Als Eltern Teilzeit arbeiten – Pro’s und Con’s

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Mythos oder Realität?

Es ist nicht leicht, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen. Kann Frau bzw. Mann tatsächlich «alles haben» oder handelt es sich bloss um eine utopische Vorstellung? Möglich ist es – theoretisch – beispielsweise mit Teilzeitarbeit. Mit der Unterstützung des Partners, von Verwandten sowie verschiedener Angebote für berufstätige Eltern, können sowohl die Frau als auch der Mann nach der Geburt eines Kindes erwerbstätig bleiben – und das, ohne dass die Eltern ihre familiären Pflichten vernachlässigen oder permanent ein schlechtes Gewissen haben müssen. In der Praxis ist die Sache jedoch viel komplexer. Zu viele strukturelle und gesellschaftspolitische Steine werden einem in den Weg gelegt. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf stark von der jeweiligen Branche abhängig ist. So sind etwa Berufe, die Home-Office oder flexible Arbeitszeiten ermöglichen (z.B. im Journalismus, Online-Marketing oder IT-Bereich) viel «teilzeittauglicher» als beispielsweise Kaderstellen oder Stellen im Managementbereich.

Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird wohl nie an Aktualität und Relevanz verlieren, beschäftigt es doch einen Grossteil der Bevölkerung. Glücklicherweise setzen sich immer mehr Unternehmen, insbesondere Grosskonzerne, mit diesem Thema auseinander und nehmen die nötigen strukturellen Anpassungen vor, um Familien und insbesondere auch Vätern mehr Flexibilität einzuräumen (z.B. mit Jobsharing, Teilzeitstellen auch in Kaderpositionen und Home-Office-Angeboten).

Väter, die Teilzeit arbeiten – auch im Jahr 2022 immer noch eine Rarität

Fakt ist aber: Noch immer sind es vor allem die Frauen, die sich bei gleichzeitiger Erwerbstätigkeit zusätzlich um Kinder und Haushalt kümmern. Nicht zu unterschätzen ist dabei die enorme Stressbelastung, der sich teilzeiterwerbstätige Mütter – je nach Pensum – stellen müssen: morgens das Kind in die Kita bringen, ins Büro eilen, angesichts des riesigen Aufgabenbergs die Mittagspause durcharbeiten, nach der Arbeit noch einkaufen und abends ganz nebenbei den Haushalt schmeissen. Doch hierfür gäbe es eine einfache Lösung: Wie wäre es, wenn sowohl die Mutter als auch der Vater ihr Pensum reduzieren würden?

Von dem zunehmenden Teilzeitangebot für Väter scheinen Papis (noch) nicht wirklich profitieren zu wollen. Auch wenn noch ein Grossteil der Schweizer Familien das traditionelle Familienmodell bevorzugt – die Frau bleibt zu Hause oder arbeitet Teilzeit, der Mann übernimmt die Rolle des (Haupt-)Ernährers –, zeichnet sich langsam eine Veränderung hin zu einem flexibleren Familien- bzw. Arbeitsmodell ab. Es zeigt sich, dass sich insbesondere Väter der jüngeren Generation zunehmend dafür aussprechen, zumindest vorübergehend ihr Arbeitspensum zu reduzieren. Dem widersprechen allerdings die tatsächlichen Zahlen: Lediglich rund 20% der Schweizer Väter gehen zurzeit einer Teilzeitbeschäftigung nach. Es gilt also, geeignete Anreize zu schaffen, um auch vermehrt Väter dazu zu bewegen, mehr zur Kinder- und Haushaltbetreuung beizutragen – und dafür vorübergehend karrieremässig zurückzustecken. Gleichzeitig müssen sich sowohl Männer als auch Frauen von den hartnäckigen traditionellen Rollenerwartungen, die unsere Gesellschaft noch heute prägen, verabschieden.

Was spricht dafür, als Eltern Teilzeit zu arbeiten?

  • Die Sache mit der Zeit und dem Geld

Es ist unschwer zu erkennen, dass dank einer Teilzeitstelle mehr Zeit für andere Tätigkeiten bleibt, insbesondere für die Familie und den Haushalt. Davon profitieren sowohl die Eltern als auch die Kinder. Auch finanziell macht es Sinn, dass sich beide Eltern um die Kleinen kümmern, denn ein Kita-Platz ist alles andere als günstig. Hinzu kommt, dass es häufig sehr lange Wartezeiten bei Betreuungsangeboten gibt. Und falls das Kind einmal krank sein sollte, muss ohnehin eine Betreuungsperson organisiert werden, was im Falle einer Teilzeitbeschäftigung bzw. bei der Eigenbetreuung ganz wegfällt.

  • Beruflicher Wiedereinstieg

Viele Mütter gehen davon aus, dass es besser ist, Teilzeit zu arbeiten, als gar nicht zu arbeiten. Und recht haben sie allemal. Wer in Teilzeit tätig ist, hat immer einen Fuss in der Arbeitswelt und hinkt dort später nicht zu sehr hinterher. Wenn ausserdem beide Elternteile ihr Pensum reduzieren, ist die Kinderbetreuung meist gewährleistet. Eine Teilzeitanstellung ermöglicht es Eltern, sich einerseits um familiäre Pflichten zu kümmern, andererseits aber nicht zu lange fern vom Beruf zu bleiben – was einen eventuellen anschliessenden Wiedereinstieg in einen Vollzeitjob wesentlich erleichtert.

  • Work-Life-Balance

Teilzeitarbeit ermöglicht einen angenehmen Ausgleich zwischen Arbeit, Familie und Freizeit. Es bleibt nämlich unter Umständen nicht nur mehr Zeit für die Betreuung der Kinder, sondern auch für die eigenen Interessen und Hobbys – ein gutes Zeitmanagement vorausgesetzt. Teilzeitarbeit ermöglicht es, dass keiner der Lebensbereiche überhandnimmt und man beispielsweise nicht nonstop an die Arbeit denken muss. Gleichzeitig bietet der Berufsalltag einen guten Ausgleich zum Familienalltag mit Kindern und Haushalt.

Was spricht dagegen?

  • Negative Folgen für die Karriere

Andererseits erschwert eine Teilzeitanstellung insbesondere den beruflichen Aufstieg. So ist es nicht verwunderlich, dass sich in Führungspositionen viel weniger Teilzeitbeschäftigte finden als in hierarchisch tieferen Positionen. Ein Vorgesetzter oder eine Vorgesetzte muss unter Umständen ständig erreichbar sein und auch mal Überstunden leisten, was bei Müttern bzw. Vätern nicht immer gewährleistet werden kann.

Und trotzdem: Eine vorübergehende Reduktion des Arbeitspensums muss nicht unbedingt einen «Karriereknick» nach sich ziehen. Denn einige Unternehmen schätzen es auch, Eltern anzustellen, weil diese meist überdurchschnittlich gut organisiert und belastbarer sind als kinderlose Arbeitnehmende.

  • Höheres Arbeitsplatzrisiko

Wenn Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen Stellen streichen müssen, trifft es meist zuerst Teilzeitmitarbeitende. Die Sorge um den Arbeitsplatz stellt unter Umständen eine psychische Belastung für die Eltern dar.

  • Denken Sie an Ihre Altersvorsorge!

Auch wenn Teilzeitarbeit viele Vorteile bringt, kann sie doch negative finanzielle Konsequenzen für die Zukunft nach sich ziehen. Auf die AHV und die Unfallversicherung wirkt sich ein langfristiges Teilzeitpensum negativ aus; insbesondere kann man weniger für die Altersvorsorge sparen. So fallen bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von weniger als 21’150 Franken die Beiträge an die Pensionskasse weg. Wer über einen längeren Zeitraum zu weniger als 50% berufstätig ist, muss nach der Pensionierung mit dem Existenzminimum auskommen. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass nicht beide Elternteile gleich lange beruflich einen Gang zurückschalten bzw. dass sie zusammen auf ein Pensum von mindestens 100% kommen. Denn Vorsorge ist immer noch besser, als im Nachhinein im Alter von Existenzängsten geplagt zu werden.

Sie sehen: Es gibt einige Gründe, die sowohl für als auch gegen Teilzeitarbeit nach der Familiengründung sprechen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestaltet sich jedoch einfacher, wenn beide Elternteile ihr Pensum (vorübergehend) reduzieren. Dank des egalitären Modells bleibt die ganze Arbeit nicht an den Müttern hängen und Väter können mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Letztendlich muss aber jede und jeder für sich selbst entscheiden, welches Modell am besten geeignet ist – schliesslich hängt die Entscheidung auch von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen, dem Mass an Ehrgeiz sowie den beruflichen Zielen ab. Wenn Sie als Mutter oder Vater darüber nachdenken, Ihr Pensum zu reduzieren und (vorübergehend) Teilzeit zu arbeiten, schauen Sie doch einmal hier rein.