International Internet Day – (K)ein Grund zum feiern?

Das Internet gehört zu den wichtigsten Erfindungen der modernen Gesellschaft. Auch wenn seine Geschichte noch relativ jung ist, kann sich kaum jemand mehr ein Leben ohne dieses globale Netzwerk vorstellen. Es verbindet Menschen rund um den Globus, ermöglicht es uns, auch um Mitternacht noch einzukaufen, bringt Blockbuster direkt ins Wohnzimmer und das Yogastudio nach Hause. Anfang 2022 wurden weltweit 4,95 Milliarden Internetnutzer:innen verzeichnet. Dies entspricht 62,5% der Weltbevölkerung. In der Schweiz haben heute beinahe 98% der Einwohner einen Internetzugang. Nun feiert das Internet am 29. Oktober 2022 seinen 53. Geburtstag. Doch wie genau entstand dieses weltumspannende Netzwerk und was bedeutet seine Erfindung für unseren beruflichen Alltag?

Von damals bis heute

Die Erfolgsgeschichte begann 1969 mit der ersten Internetverbindung. Die Datenübertragung geschah zwischen zwei Universitätscomputern in den USA, wo während des Kalten Krieges an einer Möglichkeit zur sicheren Datenübertragung getüftelt wurde. Dadurch entstand das Arpanet, der Vorläufer des heutigen Internets. 1971 wurde zwischen den Computern die erste E-Mail verschickt und zwei Jahre später konnten bereits kleinere Datenpakete übermittelt werden. Schritt für Schritt begann sich das Arpanet auf das Ausland auszuweiten und 1983 waren bereits 4000 Computer miteinander verbunden. Ab 1989 bis Mitte der 90er Jahre wurde das Konzept des World Wide Web entwickelt, also HTML, URLs, Browser und Webserver sowie das Protokoll HTTP, welches das Setzen von Links zwischen verschiedenen Webseiten erlaubt. Die allererste Website wurde übrigens 1991 in der Schweiz freigeschaltet. Sie gehört zum Kernforschungszentrum CERN in Genf und ist noch immer aktiv. In der Schweiz wurde das Internet im September 1996 der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Heute gehört das Surfen im Internet ebenso zu unserem Leben wie das tägliche Zähneputzen. Aber was bedeutet diese elektronische Errungenschaft für unsere Berufswelt?

Arbeit 4.0 – Wer wird es schwer haben?

Im Berufskontext ist das Internet ein zweischneidiges Schwert. Zum einen erleichtert uns der einfache Zugang zum «Weltwissen» den Arbeitsalltag enorm. Zum andern hat das Massenmedium aber auch dazu beigetragen, dass Berufe überflüssig wurden, verschwanden oder, zumindest in der westlichen Welt, zu verschwinden drohen. Wann haben Sie zum Beispiel das letzte Mal einen Rollfilm zum Entwickeln in ein Fotolabor gebracht? Wahrscheinlich machen Sie es wie die meisten Leute und schiessen Ihre Urlaubsfotos mit dem Handy oder verwenden eine digitale Kamera. Als Souvenir gibts dann ein Fotobuch. Kein Wunder, dass es immer weniger Arbeit für Fotolaborant:innen gibt. Ähnlich ergeht es auch den Reiseverkäufer:innen. Die meisten Ferien werden heutzutage über das Internet gebucht. Auch Briefträger:innen haben einen schweren Stand. Schon heute reformiert Die Post ihre Arbeitsweise. Briefpost soll es in Zukunft nur noch dreimal die Woche geben, da immer weniger Papierpost verschickt wird. Und höchstwahrscheinlich wird auch der Beruf «Druckereimitarbeiter:in» bedingt durch das neue Massenmediums bald völlig verschwinden. Natürlich muss man auch nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen. Diese Berufe werden nicht von heute auf morgen verschwinden. Vielmehr werden sie sich der Digitalisierung anpassen müssen, ähnlich wie es der/die klassische Automechaniker:in, heute Automechatroniker:in, bereits gemacht hat. 

Alte Berufsbilder in neuer Farbe

Dem Wandel der Zeit angepasst haben sich auch andere Berufe, wobei sich das Berufsbild mehr oder weniger stark verändert hat. Nehmen wir beispielsweise Schreibberufe wie Journalist:in oder Übersetzer:in, in welchen der Gebrauch des Internets buchstäblich nicht mehr wegzudenken ist. Mussten noch vor zwanzig Jahren Bücher durchforstet, kiloschwere Wörterbücher herumgeschleppt und Experten zu einem spezifischen Thema befragt werden, um an wertvolles Wissen zu kommen, hängen uns heute alle nur erdenklichen Informationen direkt an der Fingerspitze. Zeitungsmitarbeitende besitzen heutzutage nicht mehr «nur» gute Schreib-Skills, sondern können auch mit einem CMS umgehen und Photoshop bedienen. Wenn es darum geht, einen Text in eine andere Sprache zu übersetzen, verbringen heute viele Linguist:innen ihre Zeit damit, maschinell übersetzte Outputs nachzubearbeiten. Viele Jobs rund ums Schreiben von Texten, so auch Marketingfachleute, verlangen heute ein grosses Know-how in der multimodale Kommunikation.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Erfindung des Internets einen Einfluss auf den gesamten Arbeitsmarkt hat. Mit ihm ist der Arbeitsalltag vernetzter, schnelllebiger und ortsunabhängiger geworden. Businesspartner:innen können sich im Minutentakt E-Mails zuschicken und müssen nicht ein bis zwei Tage auf einen Brief warten. Anforderungsprofile für Stellensuchende ändern sich ständig, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Findet irgendwo ein wichtiges Ereignis statt, kann zwei Stunden später die ganze Internetcommunity alle Highlights auf den Social-Media-Plattformen finden und bei Bedarf weiterposten. Und nicht zuletzt lässt uns das Internet in vielen Fällen von zu Hause aus arbeiten oder unserem Job ortsunabhängig nachgehen.

Die Neugeborenen

Das Internet hat aber nicht nur eine zerstörerische und verändernde Seite, sondern auch eine schöpferische. So sind im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte neue Jobprofile entstanden, die es ohne das Netz so nicht geben würde. Um die ganzen, zum Teil wirtschaftlich hochinteressanten Onlinedaten sichten und analysieren zu können, wurde zum Beispiel der Beruf der Datenanalysten ins Leben gerufen. Auch im Marketingbereich hat sich einiges getan. Es werden Internetdaten ausgewertet, um das gewünschte Publikum möglichst zielgerichtet anzusprechen. Und mit Suchmaschinenoptimierungen (SEO) sichern sich Firmen attraktive Plätze in der Google-Suchmaschine.

Von den Softwareentwickler:innen über die IT-Sicherheitsexpert:innen zu den Appentwickler:innen, die Liste von jungen Berufsbildern rund um das Internet ist lang. Hinzu kommen auch all jene Arbeitenden, welche in den sozialen Medien ihren Lebensunterhalt verdienen. Ob Influencer:in und YouTuber:in wirklich eigene Berufsgattung sind, darüber lässt sich streiten. Nicht aber darüber, dass sich damit Geld verdienen lässt und es sie ohne das World Wide Web nicht geben würde. Nicht zuletzt wurden auch neue Jobs rund um die Neuinstallation und Wartung von Servern und Software kreiert.

Kontrollieren statt kreieren

Ziemlich evident ist, dass das Internet unser Leben total auf den Kopf gestellt hat. Der Mensch übernimmt immer mehr die Rolle von Kontrolleur:innen und Überwacher:innnen von Maschinen, welche Schritt für Schritt unsere Arbeit übernehmen. Zum einen hat dies sein Gutes, da das Wegfallen von repetitiven Arbeiten mehr Zeit für Kreatives am Arbeitsplatz lässt. Zum anderen wird die Schere zwischen gut bezahlten Jobs und Niedriglohn-Arbeiten immer grösser. In der Zukunft werden es vor allem Menschen mit keiner oder einer schlechten Berufsbildung schwer haben, eine geeignete Arbeit zu finden. Jobs, die trotz fehlender Ausbildung ein lebenunterhaltendes Gehalt einbringen, werden dann immer weniger oft zu finden sein.

Partytime?

Gibt es nun also einen Grund das Internet zu feiern oder eher nicht? Diese Frage kann nicht so einfach beantwortet werden. Die Welt um uns herum verändert sich kontinuierlich. Ob man nun zu den Millennials gehört, die sich nicht vorstellen können, dass es einmal eine Zeit ohne Internet gab. Oder zu jenen, die regelmässig eine Digital-Detox-Kur machen und nur bei absoluter Notwendigkeit im Netz surfen. Ziemlich sicher wird das Internet nicht die letzte menschliche Erfindung sein, welche uns die Art, wie wir unsere Arbeit verrichten, in einem völlig neuen Licht sehen lässt.

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