Alle haben sie – die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust. Angesichts der immer wieder hitzigen Diskussionen rund um die Digitalisierung ist dies jedoch keine grosse Überraschung. Doch ist diese Angst überhaupt berechtigt?
Digitale Dienstleister wie Uber oder Airbnb bringen herkömmliche Unternehmen immer mehr in Bedrängnis. Ebenfalls ist absehbar, dass 3D Drucker, Roboter, künstliche Intelligenz und andere Errungenschaften auch in naher Zukunft grosse Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich bringen werden. Insofern ist es naheliegend, dass existenzielle Ängste auftauchen. Dies ist keine Neuerscheinung und war bereits im Zeitalter der Industrialisierung an der Tagesordnung. Arbeiter wehrten sich teils mit brutaler Gewalt gegen allerlei Maschinengeräte. Doch trotz aller Befürchtung führte die Industrialisierung nirgendwo zu flächenmässiger Arbeitslosigkeit. Vielmehr brachte dieses Zeitalter gesamthaft deutlich mehr Wohlstand.
Verdrängung im Schweizer Arbeitsmarkt?
Doch können auch wir in der Schweiz dem Strukturwandel optimistisch entgegenblicken? Oder hat der technologische Wandel in den letzten Jahren zu steigenden Arbeitslosenzahlen geführt? Für die Beantwortung dieser Frage nehmen wir den Jobradar als Datenbasis. Hier zeigt sich deutlich, dass die Anzahl der offenen Stellen seit Aufzeichnung 2012 (damals 104’421) auf 198’097 aktuelle Stellen gestiegen ist – dies ist eine Zunahme von 89.7%. Jedoch ist auch festzuhalten, dass die Erwerbslosenquote in den letzten 25 Jahren immer etwa gleichgeblieben ist. Je nach wirtschaftlicher Lage schwankt die Zahl zwischen 2,8 und 5,1 Prozent. Dies heisst dem nach, dass ein grosser Teil der Bevölkerung seine Dienste auf dem Arbeitsmarkt angeboten hat.
Dies impliziert aber nicht, dass der technologische Wandel keine Veränderung mit sich bringt. Momentan sinkt die Nachfrage nach Niedrigqualifizierten stetig, wohingegen die Nachfrage nach Hochqualifizierten kontinuierlich steigt. Dennoch ist ebenfalls anzufügen, dass handwerkliche Berufe seit längerer Zeit viele offene Vakanzen aufzeigen. So ist festzuhalten, dass vor allem Pflegeberufe, Elektromonteure und Software-Entwickler auf dem Schweizer Arbeitsmarkt gesucht werden.
Doch weshalb ist es solch ein prägendes Thema?
Die Erwerbslosigkeit trifft in der Schweiz vergleichsweise wenige Menschen. Doch für jeden einzelnen kann solch eine Situation finanziell gravierend sein und wird deshalb oft irrational stark gefürchtet. Die Dominanz dieser Thematik in öffentlichen Diskursen verstärkt diese Angst. Immer mehr Medien, Politiker und Wissenschaftler beschäftigen sich mit diesem Thema im Zusammenhang mit dem technologischen Fortschritt. Ebenfalls ist zu betonen, dass grosse Medienhäuser hauptsächlich grossflächige Entlassungen anprangern, Stellenaufbauten aber schlichtweg vernachlässigen. Eine Analyse der economiesuisse zeigt, dass im Jahr 2016 397 Berichte zu Stellenauf- oder abbauten erfasst wurden. Von diesen handelten 296 von Stellenabbauten, wohingegen nur 101 Artikel sich zu den Stellenaufbauten äusserten. Auch ist zu bemerken, dass Stellenabbauten häufiger in unterschiedlichen Medienträgern gleichzeitig thematisiert werden. Stellenaufbauten hingegen geschehen in den meisten Fällen nur schleichend und entgehen daher der öffentlichen Wahrnehmung.
35.2% der abgebauten Stellen im Jahr 2016 gingen aufgrund von Firmenschliessungen verloren. Betrachtet wurden für diese Analyse 15 Branchen. Bemerkenswert ist jedoch, dass in neun von 15 nicht nur überdurchschnittlich viele Stellen durch Firmenschliessungen abgebaut wurden, sondern auch aufgebaut, sodass sich der Saldo am Ende des Jahres positiv erstreckt.
Doch wie ist das möglich?
Die grosse Dynamik auf dem Arbeitsmarkt spiegelt die fortlaufende Neuverteilung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital wider. Denn nur die perfekte Kombination ergibt ein erfolgreiches Unternehmen und so kommt es dazu, dass sich durch technologische und methodische Fortschritte das Verhältnis der beiden Faktoren verändert. Dies wird auch als schöpferische Zerstörung bezeichnet und geht mit der Erhöhung der Produktivität einher. Altbekannte Strukturen müssen aufgelöst werden, um die Produktionsfaktoren neu zusammen zusetzten. Genau diese Steigerung der Produktivität hat zur Folge, dass Mehreinnahmen generiert werden und somit mehr investiert werden kann, was am Ende zu zahlreichen neuen Arbeitsplätzen führt.
Fazit
Auch wenn solche Schlagzeilen immer öfter zu lesen sind: «Tausende Stellen in Gefahr», «Schindler streicht 120 Stellen» oder «Schlimmer als befürchtet: CS baut noch mehr Jobs ab» – Die Angst vor Verknappungen der Arbeitsplätze ist unbegründet. Denn zurzeit gibt es 198‘097 offene Stellen, so viele wie noch nie. Neue Technologien verdrängen einzelne Berufe oder auch Berufsgruppen, gesamtwirtschaftlich betrachtet bringen sie jedoch eine höhere Produktivität an den Tag. Auch wenn einzelne Akteure weniger gebraucht werden, der gesamte wirtschaftliche Kuchen wächst weiter, so entstehen in der Zukunft auch neue Berufe, von denen wir bislang noch nichts gehört haben.
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