Es vergeht fast kein Monat, ohne dass ein Unternehmer ein neues Arbeitsmodell vorschlägt. Ende August berichteten wir über den Vorschlag der Drei-Tage-Woche vom reichsten Mann der Welt, Carlos Slim. Nun ist ein anderer Multimilliardär an der Reihe. Der Brite Richard Branson macht sich für ein Arbeitsmodell stark, das ohne begrenzte Ferienzeit auskommen will. In seinem Blog schreibt der Gründer des Virgin-Konzerns, dass ein Teil seiner Mitarbeiter so oft und so lange Ferien machen dürfen, wie sie wollen. Inspiriert vom stets wachsenden Streaming-Dienst Netflix, der jene Idee schon vor längerem umgesetzt hat, stellt sich nun also Branson ebenfalls dahinter.
Doch werden dadurch tatsächlich Moral, Kreativität und Produktivität nach oben schnellen, wie er es in seinem Beitrag beschreibt? Diese Antwort ist nicht einfach zu beantworten und ist je nach Land, Arbeitsmarkt und Beruf wohl unterschiedlich. So sind Länder mit einer höheren Arbeitsmoral für dieses Modell sicher besser geeignet als Länder, in denen man es mit den Arbeitszeiten nicht so genau nimmt. Auch die Lage des Arbeitsmarktes wird wohl einen Einfluss haben. In einem Land mit wenig freien Stellen kann man davon ausgehen, dass Arbeitnehmer tendenziell weniger Ferien nehmen, aus Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Ob das dann wirklich Moral, Kreativität und Produktivität steigert, bleibt dahingestellt, denn die Chancen bestehen, dass Arbeitnehmer noch weniger Ferien nehmen würden als im alten Modell. Umgekehrtes lässt sich bei einer positiven Wirtschaftslage vermuten. Gibt es viele freie Jobs und ist es relativ leicht, eine Stelle zu finden, werden die Angestellten wohl eher dazu neigen, häufiger und länger Ferien zu nehmen. Auch der Beruf kann einen Einfluss haben. So wird ein Bademeister im Sommer wohl kaum mehrere Monate in die Ferien gehen können. Als Geschäftsleiter eines Unternehmens ist es ebenfalls nicht immer möglich, seine Freizeit nach Gutdünken zu wählen.
Selbst wenn der Beruf viel Ferien erlaubt, gibt es laut Branson Einschränkungen: Man muss zu 100 Prozent überzeugt sein, dass man bei jedem Projekt auf dem aktuellsten Stand ist und dass die Absenz das Unternehmen in keiner Weise schadet. Die Frage lautet nun: Was bedeutet das? Üben diese Voraussetzungen einen so grossen Druck auf die Arbeitnehmer aus, dass sie am Schluss gar weniger Ferien nehmen, als sie eigentlich zu Gute hätten?
Ob sich dieses Arbeitsmodell jemals durchsetzt, bleibt zu bezweifeln. Sollten sich aber mehr und mehr Unternehmen dazu entscheiden, ist eine Revolution beim Arbeitsmodell durchaus möglich. Ganz egal, wie viel und wie häufig man Ferien machen kann, die Jobsuche ist und bleibt dieselbe. Auf Jobagent.ch lassen sich derzeit über 124’000 Stellen finden.
Quelle: Virgin.com
Autor: Sandro Geisshüsler