Vorstellungsgespräche sind für viele Bewerber ohnehin schon eine Stresssituation. Doch was, wenn der Personaler dann auch noch unerlaubte Fragen stellt? Wenn er nicht vom Privatleben ablässt und die intimsten Details wissen will? Wie kann man als BewerberIn angemessen antworten? Oder: Wie darf man sogar antworten? Wir klären Sie auf über die unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch, wann diese vielleicht doch erlaubt sind, und wie Sie entsprechend reagieren können.
Der Gesetzgeber sieht vor, dass Bewerbenden im Rekrutierungs-Prozess nicht x-beliebige Fragen gestellt werden dürfen. Die Praxis zeigt allerdings, dass dennoch Fragen zu besonders schützenswerten Personendaten gestellt werden. Dementsprechend ist es wichtig, dass man sich als BewerberIn seiner Rechte bewusst ist. Als bewerbende Person steht es Ihnen generell frei, ob Sie unzulässige Fragen überhaupt beantworten möchten. Zudem gehört es zu Ihren Rechten, die Frage je nach Unzulässigkeit sogar falsch zu beantworten. Also: eine Lüge im Bewerbungsgespräch ist erlaubt, jedoch nur, wenn der Personaler unerlaubte Fragen stellt. Und welche sind diese nun?
Schwangerschaft und Kinderwunsch:
Dies ist der Klassiker unter den unzulässigen Fragen während eines Bewerbungsgesprächs. Jedoch fördert diese Frage oft eine Benachteiligung jener BewerberInnen, welche mit einem ‘Ja’ antworten. Dementsprechend ist eine Frage bezüglich der Familienplanung gesetzlich generell nicht gestattet. Eine Ausnahme bilden Jobs, bei welchen die Gesundheit des zukünftigen Arbeitnehmers gefährdet sein könnte, beispielsweise durch intensive, körperliche Arbeit. Aber Achtung: In diesem Kontext sind nur Fragen zu einer bestehenden Schwangerschaft erlaubt, jedoch nicht zu einer geplanten. Diese müssen Sie nicht offenbaren und der Personaler darf diesbezüglich in keinem Kontext eine Frage stellen.
Partnerschaft und Familienverhältnisse:
Hierzu sind unter keinen Umständen Fragen vom Interviewer erlaubt. Ebenso ist es rechtlich gestattet, mit einer Lüge zu antworten. Dem Interviewer ist es verboten, Fragen zu Ihrer sexuellen Orientierung, Ihrem Partner und dessen Tätigkeit, sowie Ihrer Familie und deren Berufen zu stellen. Fragen zu Ihrer Herkunft oder Ihren Hobbies sind dabei ebenfalls Tabu. Als Leitfaden kann man sich hier merken: wenn es mit dem Privatleben zu tun hat, dann hat es wahrscheinlich nichts im Bewerbungsgespräch verloren und geht den Interviewer auch nichts an.
Religionszugehörigkeit und politische Gesinnung:
Fragen zu Partei-, Religions- oder Gewerkschaftszugehörigkeit sind generell verboten. Einzig erlaubt sind Fragen zu diesen Themen bei einem sogenannten Tendenzarbeitgeber. Diese beinhalten Kirchen, Parteien und Gewerkschaften. Also: Fragen zu beispielsweise Ihrer Religionszugehörigkeit müssen nur beantwortet werden, wenn Sie sich bei einer Kirche bewerben.
Vorstrafen:
Hier sind Fragen ebenso nur bei gewissen Arbeitgebern erlaubt, beispielsweise wenn Sie sich als Jurist oder Polizeibeamter bewerben. Bei Jobs, welche jedoch in keiner Weise mit diesen Branchen verbunden sind, sind Fragen zu allfälligen Vorstrafen verboten. Bei einer drohenden Haftstrafe ist die Thematik dann wieder ein wenig anders: Hier darf der Personaler nicht nur Fragen stellen, sondern Sie haben hier eine Offenbarungspflicht. Das heisst: Auch wenn der Interviewer nichts zu diesem Thema nachfragt, müssen Sie ihn trotzdem über diesen Aspekt aufklären.
Gesundheitszustand und Krankheiten:
Fragen zu Ihrem aktuellen Gesundheitszustand sind generell nicht erlaubt. Haben Sie jedoch eine Krankheit, welche ansteckend ist und somit zukünftige Mitarbeiter gefährden könnte, dann herrscht für Sie diesbezüglich eine Offenbarungspflicht. Falls Sie eine Schwerbehinderung haben, besteht zwar keine Offenbarungspflicht, jedoch sind Fragen zu diesem Thema unter gewissen Umständen zulässig. Im Falle einer Behinderung, welche Ihre Leistung beim Job nicht einschränkt, sind dem Interviewer keine Fragen dazu gestattet. Fragen zu vergangenen Krankheiten (inklusive Dauer) oder Krankheiten in Ihrer Familie sind ebenfalls unzulässig.
Vermögensverhältnisse:
Generell geht Ihr Vermögen den Interviewer nichts an. Ausnahme besteht hier, falls Sie sich beispielsweise als Bankangestellter oder Kassierer bewerben. Hier darf gefragt werden, ob Sie Schulden haben oder wie Sie Ihren Umgang mit Geld beschreiben würden. In Finanz-fernen Branchen sind solche Fragen aber unzulässig.
Folgend haben wir Ihnen die wichtigsten Punkte nochmal zusammengefasst:
Nun stellt sich Ihnen noch die Frage, wie Sie am besten reagieren können, falls der Interviewer Fragen zu den obigen Themen stellt. Hierzu bieten sich Ihnen verschiedene Optionen:
- Antworten Sie mit Humor und Sarkasmus: Antworten wie «Oh, ich wusste gar nicht, dass eine Schwangerschaft eine Voraussetzung für diesen Job ist» teilen dem Interviewer mit, dass eine Frage zu diesem Thema nicht OK war und zeigen gleichzeitig, dass Sie locker zurückschiessen können.
- Seien Sie (un)ehrlich: Beantworten Sie die Frage, wie es Ihnen gefällt. Dabei können Sie ehrlich bleiben oder gegebenenfalls sogar eine Notlüge verwenden. Mit dieser Option kommen Sie schnell zu der nächsten, hoffentlich weniger invasiven Frage.
- Konfrontieren Sie den Interviewer: Setzen Sie sich für Ihre Rechte ein und teilen Sie dem Interviewer mit, dass seine Fragen unzulässig sind. Dies zeigt, dass Sie nicht vor Direktheit zurückscheuen und im besten Fall kriegen Sie hier sogar noch eine Entschuldigung für die Frage.
Und was, wenn der Interviewer eine unzulässige Frage nach der nächsten stellt? Ziehen Sie Konsequenzen und brechen Sie das Vorstellungsgespräch ab. Dies ist zwar schade um den Job, aber beweist sich wahrscheinlich als «Blessing in Disguise»: Beharrt der Interviewer auf unzulässigen Fragen, dann zeigt dies, dass er vermutlich nicht dieselben Prioritäten wie Sie hat und es eh kein guter Match gewesen wäre.
Sie haben noch kein Bewerbungsgespräch in der Tasche? Dann schauen Sie doch mal auf jobagent.ch vorbei und sichern Sie sich noch heute Ihren Traumjob!