Die persönliche Berufslaufbahn stelle ich mir immer wie einen Baum vor. Zuerst schlagen wir einen Ausbildungsweg ein und arbeiten dann im gelernten Bereich – das ist der Stamm. Mit der Zeit kristallisieren sich zunehmend verschiedene Perspektiven für die Karrieregestaltung heraus, die sowohl den Aufstieg innerhalb der Hierarchie als auch die Vertiefung des eigenen Fachgebiets oder aber eine komplette Neuausrichtung umfassen können – das sind die Zweige respektive Äste.
Gerade vor oder bei einer Verzweigung gewinnt Weiterbildung an Relevanz. Auch für diejenigen, die schon einige Berufsjahre hinter sich haben. Sie kann bisweilen der entscheidende «Dünger» zum Vorankommen sein. Welche Herausforderungen und Optionen Ihnen als ältere:r Arbeitnehmende:r betreffend Weiterbildung begegnen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Lebenslanges Lernen leicht gemacht?
Wer arbeitet, braucht sich kontinuierlich weiterzubilden. Die Berufswelt ist in einem stetigen Wandel begriffen, der sich anhand der fortgeschrittenen Technologisierung und Digitalisierung in letzter Zeit noch deutlich beschleunigt hat. Es gilt also für Arbeitnehmende, mit den neusten Entwicklungen mitzuhalten, sei es im bestehenden Beruf oder in einem neuen Job. Das lebenslange Lernen nimmt dabei ganz verschiedene Formen an. Von der einfachen Mitarbeiterschulung für eine neue IT-Anwendung bis zur Zweitausbildung für einen ganz neuen Beruf können die Bildungsinhalte alles umfassen.
Diese Tatsache stellt gerade ältere Arbeitnehmende vor verschiedene Herausforderungen. So kann es sein, dass sie sich aufgrund ihrer Lebenssituation beruflich neu orientieren müssen oder wollen. Im Laufe der Zeit kann zum Beispiel die Gesundheit nachlassen und die Belastbarkeit für schwere Arbeiten verringert sich. Oder man möchte für die letzten zehn, fünfzehn Jahre des Erwerbslebens ein ganz neues Arbeitsgebiet kennenlernen. Aber auch in einem bestehenden Job gilt es, sich immer wieder neue Skills anzueignen. Das kann bei manchen älteren Arbeitnehmenden auf Widerstand stossen, etwa bei hoher Arbeitsbelastung, bei einer kritischen Haltung gegenüber neuer Technologie oder bei der Einstellung, nicht mehr so lernfähig zu sein. Zudem macht es die Weiterbildungswelt älteren Arbeitnehmenden nicht immer leicht. Die Angebote sind vielfältig und teils undurchsichtig. Auch sind manche Arbeitgeber aufgrund verschiedener Vorurteile skeptisch gegenüber dem Nutzen von Weiterbildung für ältere Mitarbeitende. Hier gilt für Sie: Lassen Sie sich nicht entmutigen!
Weiterbildungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmende
Je nachdem, welchen Beruf Sie bekleiden oder anstreben und je nach Weiterbildungsziel steht Ihnen als ältere:r Arbeitnehmende:r eine breite Palette an Lernmöglichkeiten zur Verfügung.
- Informelles Lernen: Solches bietet sich vor allem an, wenn Sie sich im Job laufend weiterbilden und Neues lernen möchten. Dazu gehören Mitarbeiterschulungen, bei denen Vorgesetzte oder Arbeitskolleg:innen Ihnen beispielsweise neue Technologie-Tools zeigen oder Sie in eine neue Aufgabe einführen. Oder aber Sie informieren sich selbst durch Recherchen und kleine Online-Lerneinheiten über Trends, Technologien, aktuelle Forschung und dergleichen zu Ihrem Berufsfeld.
- Online-Lernangebote: Es gibt inzwischen diverse Online-Lernmöglichkeiten, die sich oft orts- und zeitunabhängig besuchen lassen. Ob fachliche Austauschplattformen, von Firmen angebotene Kurse oder Lernvideos zu neuen Tools, die Vielfalt der Angebote ist riesig.
- Hochschulische Kurse, Seminare und Weiterbildungsstudiengänge: Es gibt verschiedene hochschulische Weiterbildungsangebote, die sich (auch) für ältere Arbeitnehmende eignen.
- Zweitausbildungen in neuen Berufsfeldern: Im Zuge einer beruflichen Neuorientierung kann sich der Erwerb eines Berufsabschlusses im anvisierten Gebiet durchaus lohnen. Erkundigen Sie sich bei den interessierenden Ausbildungsstätten nach den Optionen, die Ihnen zur Verfügung stehen.
- Praktika und Schnuppertage: Falls Sie sich für ein neues Arbeitsgebiet interessieren, aber noch nicht wissen, ob es das richtige für Sie ist, schnuppern Sie in das Gebiet hinein. Sind Sie bereits überzeugt von der neuen Berufswahl, lassen sich mit Praktika zudem wertvolle Arbeitserfahrungen machen.
Welche Unterstützung gibt es für die Weiterbildung?
Mit dem Wunsch nach Weiterbildung werden Sie auch als ältere erwerbstätige Person nicht alleine gelassen. Es gibt, je nach Branche, verschiedene Möglichkeiten, wie Sie in Ihrem Vorhaben unterstützt werden können.
- Bezahlte Weiterbildungstage im Betrieb: Die Gesamtarbeitsverträge vieler Branchen haben den Anspruch der Arbeitnehmenden auf Weiterbildung verankert. Informieren Sie sich hierzu bei der Gewerkschaft Ihrer Branche und / oder bei Ihrem Arbeitgeber.
- Andere Unterstützungsmöglichkeiten durch Arbeitgeber: Selbst wenn die Firma Ihre Weiterbildung nicht bezahlt, kann sie Sie unterstützen. Dies geschieht etwa durch die Zurverfügungstellung von Arbeitszeit, durch das Gewähren von Bildungsurlaub oder durch zumindest die Beteiligung an den Weiterbildungskosten.
- Kostenlose Weiterbildung für temporäre Angestellte: Vielleicht sind Sie gerade in der beruflichen Umorientierung und daran, an einer befristeten Stelle die neue Branche kennenzulernen? Erkundigen Sie sich nach Möglichkeiten subventionierter Weiterbildungen im gefragten Berufsfeld.
- Outplacement: Selbst wenn Ihnen gekündigt wurde, können Sie noch nach Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber fragen. Es ist möglich, dass er Ihnen eine berufliche Neuorientierung in Form eines Outplacements (mit)finanziert.
- Gratis-Weiterbildungen von Berufsverbänden: Gerade in Berufen mit grossem Fachkräftemangel haben Berufsverbände ein reges Interesse daran, dass Arbeitnehmende die nötigen Skills für die Berufsausübung mitbringen. Manche Verbände bieten daher Gratis-Weiterbildungen an. Fragen Sie beim Verband der Sie interessierenden Branche nach, ob es solche Weiterbildungen gibt.
Keine Weiterbildung um ihrer selbst willen
Weiterbildungen können Ihre Chancen auf berufliche Weiterentwicklung und auf einen neuen Job entscheidend erhöhen. Eine Weiterbildung nur um ihrer selbst willen zu besuchen, ist indessen wenig zielführend. Machen Sie sich einen klaren Plan für Ihre nächsten Schritte im Beruf. Leiten Sie daraus konkrete Lernziele ab und planen Sie Ihre Weiterbildungsaktivitäten im Hinblick auf diese Ziele.
Eine andere Möglichkeit ist, dass Sie auf ein bestimmtes Thema oder Aufgabengebiet neugierig sind und sich deshalb darin weiterbilden wollen. In diesem Fall stillen Weiterbildungen Ihren Wissensdurst und eröffnen Ihnen neue Horizonte in Ihnen noch nicht bekannten Berufsfeldern. Auch das ist ein guter Grund für Weiterbildungen. Hier bieten sich vor allem kleinere und wenig aufwändige Lernangebote an. Generell bewährt sich eine Grundhaltung der Neugierde, auch über konkrete Weiterbildungen hinaus. So bleiben Sie offen für Veränderungen in der Arbeitswelt und freuen sich, mit ihnen mitzugehen und neue Zweige in Ihrem Karrierebaum zu erklimmen. Dies ist keine Frage des Alters!
Mehr zum Thema ältere Arbeitnehmende im Berufsumfeld finden Sie auf dieser Informationsseite.
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