Worauf ist bei Arbeitszeugnissen zu achten?

Sie haben gekündigt, weil Sie einen Richtungswechsel brauchten und halten nun Ihr Arbeitszeugnis von Ihrer letzten Anstellung in Händen. Leider entpuppt sich der Inhalt des Zeugnisses als unwahr und ist wenig schmeichelnd für Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin. Jeder Arbeitnehmende hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Recht auf eine faire Bewertung. Es gibt ganz klare Kriterien, was in einem Arbeitszeugnis stehen darf, soll oder sogar muss und was auf keinen Fall in ein Arbeitszeugnis gehört.

Kann ich nach einem Zeugnis fragen?

Sie haben zu jeder Zeit ein Anrecht auf ein Arbeitszeugnis, auch wenn es sich bei Ihrer Anstellung nur um ein Praktikum oder Nebenjob handelte. Auch während einer Anstellung ist es jederzeit möglich den Vorgesetzten um ein Arbeitszeugnis zu bitten. Es kann sich dabei um ein sogenanntes Zwischenzeugnis handeln, welches über Ihre bisherige Arbeitsleistung informiert. Sinnvoll kann ein Zwischenzeugnis sein, wenn Sie die Abteilung wechseln oder sich Ihr Aufgabenbereich verändert hat. Auch bei einem Wechsel des Vorgesetzten ist es von Vorteil nach einem Zwischenzeugnis zu fragen, da er Ihre Leistungen am Besten beurteilen kann.

 

Worin liegen die Hauptaugenmerke beim Prüfen eines Arbeitszeugnisses?

1. Vollständigkeit

Das Arbeitszeugnis muss bestimmte Aspekte zwingend beinhalten, da das Weglassen von Passagen sonst negativ auf den Beurteilten zurückfallen wird.
Fehlt zum Beispiel der Abschnitt «Sozialverhalten» wird daraus geschlossen, dass der Arbeitnehmer ein sehr schlechtes Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern pflegte.

Ein vollständiges Zeugnis alleine reicht aber nicht aus. Innerhalb der einzelnen Absätze finden Teilbeurteilungen statt, die durch bestimmte Formulierungen verschlüsselt werden.

2. Bewertungsformeln

Prinzipiell verfolgen die Bewertungen innerhalb der einzelnen Abschnitte das Prüfschema von zeitlicher Kontinuität sowie Superlativen. Zur Verdeutlichung zwei typische Formulierungen gegenübergestellt:

  • «stets zur vollsten Zufriedenheit»
  • «zur vollen Zufriedenheit»

In der ersten Formulierung finden sich die zeitliche Kontinuität im Wort «stets» und die Superlative in «vollsten» wieder. Diese stellt also die Note 6 dar. Im zweiten Beispiel hingegen fehlt die zeitliche Angabe und «vollen» ist nicht die höchstmögliche Steigerung. Die Formulierung klingt zwar insgesamt positiv, stellt aber lediglich eine 4 dar.

Ebenso ist auf Reihenfolgen zu achten. Wird im Sozialverhalten das Verhältnis zu Vorgesetzten nicht an der ersten Stelle oder gar nicht beschrieben, bedeutet das, dass der Arbeitnehmer Probleme mit Vorgesetzten hatte.

Auch die Betonung von Selbstverständlichem, wie zum Beispiel Pünktlichkeit, lässt darauf hindeuten, dass der Arbeitgeber keine anderen Aspekte am Arbeitnehmer fand, die er im Arbeitszeugnis hätte darlegen können. Kurz gesagt: Er war zwar pünktlich, hatte aber sonst keine Leistungen erbracht oder Eigenschaften, die erwähnenswert sind.

Das gezielte Auslassen von Eigenschaften, die für die Ausübung der Tätigkeit zwingend erforderlich waren, bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Eigenschaften nicht mitbrachte. Beispielsweise die Betonung der Ehrlichkeit eines Kassierers. Sollte diese fehlen, kann es bedeuten, dass er geklaut hat. Neben den genannten Punkten, gibt es noch viele weitere Aspekte, nach denen ein Zeugnis codiert, respektive verschlüsselt, werden kann. Mehr dazu, finden Sie bei den Zeugnisprofis.

3. Geheimcodes

Geheimcodes sind eine ganz bestimmte Art von Sätzen, die Details über den Arbeitnehmer preisgeben. Diese können ihm auch negativ ausgelegt werden. Unter Personalverantwortlichen werden diese Geheimcodes als eindeutige Warnhinweise verstanden. Diese Geheimcodes sind verboten, da sie eine komplett andere Bedeutung haben, als der Text vorgibt. Die Wahrheit der Formulierung wird vorrangig vor dem Wohlwollen angesehen. Trotzdem werden sie regelmässig in der Praxis eingesetzt. Sie geben unter anderem Auskunft über Alkoholsucht, die Ausübung einer Betriebsratstätigkeit oder sexuelle Orientierung. Der Satz «Er hat durch seine Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen» bewertet nicht das Sozialverhalten unter den Kollegen, sondern steht für die oben genannte Alkoholsucht.

Nun stellt sich die Frage, wie der Empfänger des Zeugnisses vollständige Transparenz über sein Arbeitszeugnis erhalten kann, und wie diese Geheimcodes aufgedeckt werden können.

Entschlüsselung

Die Zeugnissprache ist viel zu komplex, um diese mit Hilfe einer langwierigen Google Recherche komplett transparent zu machen. Ein Fachanwalt kann das Arbeitszeugnis übersetzen, jedoch nimmt dieser Service einige Tage in Anspruch und ist meist mit hohen Kosten verbunden.

Dank künstlicher Intelligenz ist es heutzutage möglich, sein Arbeitszeugnis sekundenschnell und bequem analysieren zu lassen. Beim deutschen Analyseportal zeugnisprofi.com reicht es, das Arbeitszeugnis als PDF oder JPEG hochzuladen, um sofort alles über sein persönliches Arbeitszeugnis zu erfahren. Das alles ist für kleines Geld möglich, was diesen Service auch für Studenten und Auszubildende zugänglich macht.

Zu beachten ist, dass bei zeugnisprofi.com das deutsche Notensystem (1= sehr gut / 6= ungenügend) verwendet sowie die deutschen Verschlüsselungstechniken geprüft werden, die aber denen in der Schweiz verwendeten stark ähneln. Beide Länder verwenden, aufgrund der Vorgabe des «Wohlwollens» die Techniken der zeitlichen Kontinuität durch Temporalverben, Superlative und das Prinzip der Vollständigkeit.

Wer sein Arbeitszeugnis analysieren lässt, kann beim Aussteller eine Verbesserung verlangen, sollten dort Ungereimtheiten aufgedeckt werden.
Damit ist es möglich, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Bewerbern zu erhalten, die ihr Arbeitszeugnis im Vertrauen auf eine gute Bewertung ungeprüft anhängen. Jeder zweite Personaler nennt unzureichende Arbeitszeugnisse als Grund für eine Absage! Lassen Sie sich also nicht von Geheimcodes und verklausulierten Sätzen abschrecken. Hochwertige Analysen können mittlerweile schnell und einfach mithilfe von Analysetools zu Hause durchgeführt werden.

Verjährung und Rechtsgültigkeit

Formal muss ein Arbeitszeugnis die Leistung des Arbeitnehmers wohlwollend und wahrheitsgemäss darstellen. Ausserdem muss es ordentlich und fehlerfrei sein. Das Recht auf ein Arbeitszeugnis verjährt in der Schweiz nach 10 Jahren, im Kanton Zürich sogar nach 5 Jahren. Ein Arbeitszeugnis gibt Auskunft über die Art und Dauer der Arbeit und über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers.

Nebst einer rechtsgültigen Unterschrift der Arbeitgebenden und dem Ausstellungsdatum gilt es noch einige andere Punkte zu beachten, damit ein Arbeitszeugnis rechtens und vollständig ist:

Zwingende Angaben:

  • Identität des Arbeitnehmers und Arbeitgebers
  • Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses
  • Auflistung der wichtigsten Tätigkeiten des Arbeitnehmers
  • Aussagekräftige Bewertung der Leistung
  • Rechtsgültige Unterschrift des Arbeitgebenden, Datum der Ausstellung

Dos and Don’ts in Arbeitszeugnissen:

  • Alle Angaben müssen einen Bezug zum Arbeitsplatz haben.
  • Aussagen müssen der Wahrheit entsprechen.
  • Einmalige negative Vorkommnisse dürfen nicht festgehalten werden
  • Wiederholt auftretende Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit und im Arbeitsablauf, für die die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer erwiesenermassen alleine verantwortlich war, dürfen nicht verschwiegen werden.
  • Der Austrittsgrund darf nicht aufgeführt werden, wenn dieser nicht zur Würdigung der Arbeitnehmerin / des Arbeitnehmers beiträgt.
  • Krankheiten dürfen nur erwähnt werden, wenn sie einen erheblichen Einfluss auf die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers hatten oder einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses darstellten.
  • Risiken, die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer mitbringen und die der neue Arbeitgeber kennen muss, sind zu erwähnen (z. B. Alkoholprobleme eines Berufschauffeurs, einer Berufschauffeurin).
  • Keine zweideutigen Formulierungen und Zeugniscodes, bei welchen in vordergründig neutralen oder positiven Formulierungen, für Eingeweihte negative Botschaften gegeben werden (diese verstossen gegen Treu und Glauben).

Falls ein Zeugnis Sie in Ihrem beruflichen Fortkommen behindert, weil es unglücklich oder nicht wahrheitsgetreu formuliert ist, dürfen Sie von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine Änderung verlangen. Für Änderungen sind 3-4 Monate üblich.

Codierungen in Arbeitszeugnissen

Geheime Codierungen in Arbeitszeugnissen sind nicht zulässig. Ein Arbeitszeugnis muss dem Gebot der Klarheit und der Eindeutigkeit folgen. Gewisse Formulierungen halten sich aber hartnäckig und sorgen regelmässig für Verwirrung. Unwissen schützt keineswegs vor Strafe, nur Personaler mit entsprechendem Know-how sollten deshalb Arbeitszeugnisse ausstellen.

Je besser der Personaler die Mitarbeitenden kennt, desto besser kann er sie auch beurteilen. Umso leichter wird es ihm auch fallen, die Leistungen des Mitarbeitenden ohne fragwürdige Floskeln zu umschreiben. Regelmässige schriftliche Beurteilungen helfen dabei. Es ist essenziell, eine klare und unmissverständliche Sprache zu gebrauchen.

Obwohl es gilt, die Zeugniscodierungen aus unseren Köpfen und unseren Formulierungen zu verbannen, seien hier doch noch ein paar Negativ-Beispiele aufgeführt, nur um zu erklären, wie solche Aussagen zu lesen sind:

  • Keine Bemerkungen zur Arbeitsleistung: Es kann davon ausgegangen werden, dass die Leistungen ungenügend waren.
  • «Er bemühte sich, seine Aufgaben so gut wie möglich zu erledigen.»: Die Leistungen waren ungenügend, obwohl sich die Person Mühe gab.
  • «Sie zeigte für ihre Arbeit Verständnis.»: Die Person war etwas arbeitsscheu und nicht einsatzbereit.
  • Keine Bemerkungen zum Verhalten: Möglicherweise war das Verhalten unbefriedigend und unangemessen
  • «Gegenüber seinen Mitarbeitenden zeigte er grosses Einfühlungsvermögen.»
    Er suchte Kontakt zum anderen Geschlecht.
  • «Er verlässt uns auf eigenen Wunsch.»: Er hat zwar selbst gekündigt, hinterlässt aber keine grosse Lücke.

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Quellen: ch.ch, zeugnis.ch, staufenbiel.ch, beobachter.ch

2 Antworten zu «Worauf ist bei Arbeitszeugnissen zu achten?»

  1. […] In diesem Blogbeitrag finden Sie weitere hilfreiche Informationen über die „Geheimsprache“ der Arbeitszeugnisse. […]

  2. Sie schreiben, dass bei einem Fahrer oder Chauffeur die «Risiken, … die der neue Arbeitgeber kennen sollte», erwähnt werden müssen (z.B. Alkoholprobleme eines Berufschauffeurs, einer Berufschauffeurin). Aber: Wer als Chauffeur ein solches Zeugnis erhält, wird wohl kaum mehr eine Stelle finden.